Arno Gisinger – Bildsprache und Blick
Aber dann wurde alles anders….. Und nicht zum Vorteil der Photographie.
Die Photographie war und ist sowohl neutral als auch parteiisch. Je nach Standpunkt kann sich hieraus eine Kritik entwickeln, wobei nicht von einem Pluralismus die Rede ist.
Diese doch Genre der Kunst hat alle Epochen erlebt und auch über-wunden. Ihre Verletzbarkeit ergeht sich leider signifikant in der Entwicklung, heute.
Alles und immer ….
Der Unfug, alles und immer mit einem Mobiltelephon festhalten zu müssen, zwanghaft bis masslos, stellt eine Belästigung Dritter dar. Museumsbesuche finden Beeinträchtigung durch herum-irrende rücksichtslose Knipserinnen und Knipser. Eine absolutes Verbot in allen Museen wäre eine Wohltat für eine ungestörte Betrachtung von Kunst in ihren Häusern und diente auch der Photographie im Allgemeinen. Extremer geht es noch im Strassenalltag zu. Dissoziale Figuren nehmen Menschen in desolaten Situationen auf und veröffentlichen dann ihre Ergebnisse in sogenannten sozialen Medien. Dass die Photographie nicht als Schuldige auszumachen ist, versteht sich von selbst, geht es doch hier um eine humanistische Einstellung und soziale Haltung des Menschen am Auslöser.
Photographie als Helfershelferin
Im „Dritten Reich“ zum Beispiel wurde die Photographie von den deutschen Okkupanten etwa in Paris für die Ablichtung gestohlener Kunst missbraucht. Deutsche Faschisten schafften konfiszierte Kunst in die als Lager und Photo-Studio dienende Galerie nationale du Jeu de Paume, http://www.jeudepaume.org , heute eine der renommierten Ausstellungshäuser in Europas Kunstmetropole Paris. Dort entstanden Abbildungen von den Einlagerungen mit dem Ziel, anhand dieser die Stücke national und international anzubieten und zu verkaufen – in einem separaten Salle des martyrs horteten und offerierten die Faschisten entarteter Kunst. Auch einer der Führenden der deutschen Faschisten-Clique, Herman Göring, war einige Male deswegen in Paris.
Ingesamt eine nicht nur für Deutschland unrühmliche Geschichte, welcher bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Wen wundert’s, wo schon Berlin es bis heute nicht verstanden hat, sich mit der eigenen Historie der (Berliner) Kunst im Dritten Reich (etwa Raubüberfälle auf Kunstsammlerinnen und Kunstsammler jüdischen Glaubens) auseinanderzusetzen. Berlin wird daher schon allein aus diesem Grunde nie eine Metropole der Kunst (und des Kunstmarktes) werden (können). Und das ist gut so.
Neutralität
Unter Neutralität der Photographie lässt sich die reine Dokumentation reflektieren, wobei allerdings die Entscheidung, was zu dokumentieren sei, eine solche Neutralität nicht kennt. Weil diese doch einer subjektive Intention und Perspektive samt Bewertung obliegt.
Photographie als Erinnerung (Dokumentation)
Das Problem besteht nicht darin, dass Menschen sich anhand von Fotos erinnern, sondern dass sie sich nur an die Fotos erinnern – aus dem Essai Devant la douleur des autres von Susan Sontag.
Denken wir an etwa Photographien von den Verbrechen deutscher Faschisten, die Geschundenen und Ermordeten in den Konzentrationslagern, die unzähligen in Güterwaggons gepferchten terrorisierten deportierten Kinder und Erwachsenen auf den Weg in unendliches Leid und Tod. Aber was waren die Motive für diese Taten? Besteht ein Blick dorthin – Erinnerungen oder Wissen ?
Arno Gisinger, http://www.arnogisinger.com, Künstler und Maître de conférences (in Deutschland Professor) am Département d’Arts plastique et de Photographie (EPHA) der Université Paris 8 https://epha.univ-paris8.fr, forscht seit Jahren zum Thema der Photographie in Zusammenhang mit der Historie und der Kunst. Unter der Ausstellungsserie L’État du Ciel im Palais de Tokyo (Paris) www.palaisdetokyo.com schrieb Gisinger gemeinsam mit Georges Didi-Hubermann die Kunstgeschichte neu: Den beeindruckenden Beitrag in Nouvelles histoires de fantômes 2014 (Commissair Julien Fronsacq) im Hause an der Seine, der auch in Beirut und Rio de Janeiro zu sehen war, zeigte bewegende grossformatige historisch relevante Bilder an Wänden und auf dem Boden. – Warum gastiert so eine Ausstellung nicht in Deutschland?
Momentan ist von Arno Gisinger, gebürtig im österreichischen Dornbirn, Absolvent der Ecole nationale supérieure de la photographie d’Arles und der Universität Innsbruck, ein monumentales Werk in der Exposition des Palais de Tokyo Dioramas (Commisaires Claire Garnier, Laurent Le Bon, Florence Ostende) bis 10.September 2017 ausgestellt, dann ab 6.Oktober 2017 in der Kunsthalle Schirn unter Diorama – Erfindung einer Illusion (Kuratorinnen Katharina Daum und Ilka Voermann) in Frankfurt am Main http://www.schirn.de. Die sieben Photographien sind eine Reproduktion des historischen Panoramabildes von Innsbruck aus dem Jahre 1896. Es betrifft den Unabhängigkeitskrieg um Tirol. Bei der Bildbetrachtung befindet man sich unmittelbar in dem Geschehen, in dem Soldaten ihre Bereitschaft zum Kampf und zum Sterben darstellen.
Arno Gisinger bespielt den Wasserturm in Mannheim anlässlich der Biennale für aktuelle Fotografie https://biennalefotografie.de: Farewell Photography, kuratiert von Christin Müller und Florian Ebner.
Palais de Tokyo
13, avenue du Président Wilson
75116 Paris
Telephon 0033181973588
www.palaisdetokyo.com
Öffnungszeiten:
Täglich ausser Dienstag 12h – 20h
Anfahrt:
Métro: Ligne 9 – Léna und Alma Marceau
Bus:: Lignes 32, 42, 63, 72, 80, 82, 92
RER: Ligne C – Pont de l’Alma
Gespenstergeschichten – 7.September bis 5.November 2017
Biennale für aktuelle Kunst
Kunsthalle Mannheim / Wasserturm
Friedrichsplatz
68161 Mannheim
https://biennalefotografie.de/edition/ausstellungen
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 15h – 19h
Diorama – Erfindung einer Illusion – 6.Oktober 2017 bis 21.Januar 2018
SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT
Römerberg
60311 Frankfurt
Telephon 0049069 299882112
Telefax 004969 299882240
welcome@SCHIRN.de
http://www.schirn.de/ausstellungen/2017/diorama/
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10h – 18h
Anfahrt
Öffentliche Verkehrsmittel:
U-Bahnen 4, 5- Dom/Römer.
Straßenbahn 11, 12 – Paulskirche
Automobil:
A5 – Westkreuz Frankfurt.
B648, A3, A66 – Offenbach/Kaiserlei.
Sonntag 13h – 19h
Bus Ligne 63, 64, 132, 325
Zug:
Thalys
https://www.thalys.com/de/de/