Arno Gisinger – Die Photographie, neue Sichtweisen ….

Arno Gisinger – Bildsprache und Blick

La Photographie
La Photographie ….

Offensichtlich existierte im 19.Jahrhundert noch eine völlig andere Haltung gegenüber der Photographie. Man sah in ihr die Möglichkeit, etwas zu zeichnen, zu dokumentieren, zu archivieren. Für damals und die Zukunft. Sie diente auch der Erinnerung. Sujets hatten eine Bildsprache, voller Respekt auch gegenüber dem Apparat und seinem Arbeitsresultat allein.

Aber dann wurde alles anders…..  Und nicht zum Vorteil der Photographie. 

Enteignung  oder  Missbrauch
 
Heute wird sie eingesetzt wie ein geläufiges Werkzeug, achtlos und lediglich ein Mittel zum Zweck, der kaum noch einen guten und sinnvollen erfüllt. Statt mit der Camera zu zeichnen, zu malen oder zu dokumentieren, erfährt sie ihren Missbrauch durch zwanghaftes ‚Draufhalten‘ als Gegenstand zur Indiskretion und Kompromittierung.
Die Photographie als Resultat verliert ihre Eigenart, ihr Inhalt die Relevanz und das Gedächtnis eine Referenz.
 
Es begann schon mit dem Elend, dass die Photographie für Reklame eingesetzt wurde. Gehaltose Werbung, nicht unbedingt immer in seriöser Absicht – geht es doch meistens nur um den Verkauf beworbener Produkte, die nicht alle der Lebensnotwendigkeit und -qualität gewidmet sind, sondern sehr oft das Ziel einer rasenden Gier der Producteure nach Profitmaximierung verfolgen. Und die Photographie macht mit.
 

Die Photographie war und ist sowohl neutral als auch parteiisch. Je nach Standpunkt kann sich hieraus eine Kritik entwickeln, wobei nicht von einem Pluralismus die Rede ist.

Diese doch Genre der Kunst hat alle Epochen erlebt und auch über-wunden. Ihre Verletzbarkeit ergeht sich leider signifikant in der Entwicklung, heute.

Alles und immer ….

Der Unfug, alles und immer mit einem Mobiltelephon festhalten zu müssen, zwanghaft bis masslos, stellt eine Belästigung Dritter dar. Museumsbesuche finden Beeinträchtigung durch herum-irrende rücksichtslose Knipserinnen und Knipser. Eine absolutes Verbot in allen Museen wäre eine Wohltat für eine ungestörte Betrachtung von Kunst in ihren Häusern und diente auch der Photographie im Allgemeinen. Extremer geht es noch im Strassenalltag zu. Dissoziale Figuren nehmen Menschen in desolaten Situationen auf und veröffentlichen dann ihre Ergebnisse in sogenannten sozialen Medien. Dass die Photographie nicht als Schuldige auszumachen ist, versteht sich von selbst, geht es doch hier um eine humanistische Einstellung und soziale Haltung des Menschen am Auslöser.

Photographie als Helfershelferin

Im „Dritten Reich“ zum Beispiel wurde die Photographie von den deutschen Okkupanten etwa in Paris für die Ablichtung gestohlener Kunst missbraucht. Deutsche Faschisten schafften konfiszierte Kunst in die als Lager und Photo-Studio dienende Galerie nationale du Jeu de Paume, http://www.jeudepaume.org , heute eine der renommierten Ausstellungshäuser in Europas Kunstmetropole Paris. Dort entstanden Abbildungen von den Einlagerungen mit dem Ziel, anhand dieser die Stücke national und international anzubieten und zu verkaufen – in einem separaten Salle des martyrs horteten und offerierten die Faschisten entarteter Kunst. Auch einer der Führenden der deutschen Faschisten-Clique, Herman Göring, war einige Male deswegen in Paris.

Ingesamt eine nicht nur für Deutschland unrühmliche Geschichte,  welcher bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Wen wundert’s, wo schon Berlin es bis heute nicht verstanden hat, sich mit der eigenen Historie der (Berliner) Kunst im Dritten Reich (etwa Raubüberfälle auf Kunstsammlerinnen und Kunstsammler jüdischen Glaubens) auseinanderzusetzen. Berlin wird daher schon allein aus diesem Grunde nie eine Metropole der Kunst (und des Kunstmarktes) werden (können). Und das ist gut so.

Neutralität

Unter Neutralität der Photographie lässt sich die reine Dokumentation reflektieren, wobei allerdings die Entscheidung, was zu dokumentieren sei, eine solche Neutralität nicht kennt. Weil diese doch einer subjektive Intention und Perspektive samt Bewertung obliegt.

Photographie als Erinnerung (Dokumentation)

Das Problem besteht nicht darin, dass Menschen sich anhand von Fotos erinnern, sondern dass sie sich nur an die Fotos erinnern – aus dem Essai Devant la douleur des autres von Susan Sontag. 

Paris
Paris, 1986 …. 

Denken wir an etwa Photographien von den Verbrechen deutscher Faschisten, die Geschundenen und Ermordeten in den Konzentrationslagern, die unzähligen in Güterwaggons gepferchten terrorisierten deportierten Kinder und Erwachsenen auf den Weg in unendliches Leid und Tod. Aber was waren die Motive für diese Taten? Besteht ein Blick dorthin – Erinnerungen oder Wissen ?

Die reissende Bilderflut
 
Flüchtige Photographien werden von der sinnlosen Bilderflut erfasst, davongetragen, dank der „Technik“ ….
 
Arno Gisinger, Künstler und Forscher….
 
Arno Gisinger
Arno Gisinger, Paris

Arno Gisinger, http://www.arnogisinger.com,  Künstler und Maître de conférences (in Deutschland Professor) am Département d’Arts plastique et de Photographie (EPHA) der Université Paris 8 https://epha.univ-paris8.fr, forscht seit Jahren zum Thema der Photographie in Zusammenhang mit der Historie und der Kunst. Unter der Ausstellungsserie  L’État du Ciel im Palais de Tokyo (Paris) www.palaisdetokyo.com schrieb Gisinger gemeinsam mit Georges Didi-Hubermann die Kunstgeschichte neu:  Den beeindruckenden Beitrag in Nouvelles histoires de fantômes  2014 (Commissair Julien Fronsacq) im Hause an der Seine, der auch in Beirut und Rio de Janeiro zu sehen war, zeigte bewegende grossformatige historisch relevante Bilder an Wänden und auf dem Boden.  –  Warum gastiert so eine Ausstellung nicht in Deutschland? 

 
Weitere Expositionen
 

Momentan ist von Arno Gisinger, gebürtig im österreichischen Dornbirn, Absolvent der Ecole nationale supérieure de la photographie d’Arles und der Universität Innsbruck, ein monumentales  Werk in der Exposition des Palais de Tokyo Dioramas (Commisaires Claire Garnier, Laurent Le Bon, Florence Ostende)  bis 10.September 2017 ausgestellt, dann ab 6.Oktober 2017 in der Kunsthalle Schirn unter Diorama – Erfindung einer Illusion (Kuratorinnen Katharina Daum und Ilka Voermann) in Frankfurt am Main http://www.schirn.de. Die sieben Photographien sind eine Reproduktion des historischen Panoramabildes von Innsbruck aus dem Jahre 1896. Es betrifft den Unabhängigkeitskrieg um Tirol. Bei der Bildbetrachtung befindet man sich unmittelbar in dem Geschehen, in dem Soldaten ihre Bereitschaft zum Kampf und zum Sterben darstellen.

Arno Gisinger
Arno Gisinger, „Faux Terrain“ (détail), „Dioramas“, Palais de Tokyo, Paris
 Sichtweisen
 
Es bleibt nicht lediglich bei der Sicht auf ein Exponat, existiert doch die Breitschaft zur Auseinandersetzung mit der publizierten Kriegslage und ihrer Historie. Dieser Ansatz auf einen so beutenden Blick durch die Photographie hindurch, eröffnet kolossale Chancen, sich mit dieser Dimensionalität von Sehen und Bewusstsein neue Erkenntnismöglichkeiten zu öffnen.
 
Neue Kunstwerke
 
Arno Gisinger
Arno Gisinger, „Faux Terrain“, „Dioramas“, Palais de Tokyo, Paris
Gespenstergeschichten, eine neue Arbeit des Künstlers, handelt von der Aktivierung des musealen historischen Glasplattenarchivs der Kunsthalle Mannheim http://kuma.art/de/. Das photographische Gedächnis des Hauses, angelegt seinerzeit von Kurt Schneyder und Margita Wickenhäuser in der erste Hälfte des 20. Jahrhunderts lässt die schlimmen Folgen von Krieg, Zerstörung, von Einflüssen der Moderne und Avantgarde Revue passieren.
Arno Gisinger bespielt den Wasserturm in Mannheim anlässlich der Biennale für aktuelle Fotografie https://biennalefotografie.de: Farewell Photography, kuratiert von Christin Müller und Florian Ebner. 
 
In der Exposition der Bibliothèque Nationale de France http://www.bnf.fr/documents/cp_paysages_francais.pdf Paysages français – Une aventure photographique (1984 – 2017) ( Commissaires Raphaële Bertho und Héloïse Conésa)  ist Gisinger mit Konstellation Benjamin vertreten.
 
Kunstgeschichte und Geschichte
 
Kunstgeschichte und Geschichte bedingen sich, ohne ihren Anspruch auf Autonomie zugunsten einer Gemeinsamkeit aufgeben zu wollen. Sie ergänzen sich auch nicht, eher stellen sie eine Symbiose dar, eben einen Dialog, den es zu beleben gilt. Arno Gisinger zeigt ihn in Paris, Mannheim, Frankfurt am Main, Tirol und Lishui:
 
Dioramas  bis 10.September 2017

Palais de Tokyo
13, avenue du Président Wilson
75116 Paris
Telephon 0033181973588
www.palaisdetokyo.com

Öffnungszeiten:
Täglich ausser Dienstag 12h – 20h

Anfahrt:
Métro: Ligne 9 – Léna und Alma Marceau
Bus:: Lignes 32, 42, 63, 72, 80, 82, 92
RER: Ligne C – Pont de l’Alma

Gespenstergeschichten  – 7.September  bis 5.November 2017
Biennale für aktuelle Kunst 
Kunsthalle Mannheim / Wasserturm
Friedrichsplatz
68161 Mannheim
https://biennalefotografie.de/edition/ausstellungen

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 15h – 19h

Diorama – Erfindung einer Illusion – 6.Oktober 2017 bis 21.Januar 2018
SCHIRN KUNST­HALLE FRANK­FURT 
Römer­berg 
60311 Frank­furt
Telephon 0049069 299882112
Telefax 004969 299882240
welcome@​SCHIRN.​de 
http://www.schirn.de/ausstellungen/2017/diorama/

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10h – 18h

Anfahrt
Öffentliche Verkehrsmittel:
U-Bahnen 4, 5-   Dom/Römer. 
Stra­ßen­bahn 11, 12  – Pauls­kir­che 
Automobil:
 A5 – West­kreuz Frank­furt. 
 B648, A3,  A66 – Offen­bach/Kaiser­lei. 

 
Paysages français – Une aventure photographique (1984 – 2017) –  20.Oktober 2917 bis 4.Februar 2018
Bibliothèque Nationale de France (BnF)  – François-Mitterrand
Quai François-Mauriac
75013 Paris 
Galeries I et II
http://www.bnf.fr/documents/cp_paysages_francais.pdf
 
Öffnungzeiten:
Dienstag bis Samstag 10h – 19h mardi – samedi de 10h à 19h
Sonntag 13h – 19h 
 
Öffentliche Verkehrsmittel:
Métro 6, 14
RER Ligne C
Bus Ligne 89 – Rue Émile Durkheim, Quai François-Mauriac, Rue Raymond Aro

Bus Ligne 63, 64, 132, 325

Zug:
Thalys
https://www.thalys.com/de/de/

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