Harald Naegeli, Künstler aus Zürich ….
Das Bezirksgericht Zürich gab den richtigen Weg vor: Die Kontrahenten, Harald Naegeli und die Commune sollten sich gefälligst einigen.
Vorausgegangen war eine Anzeige gegen Harald Naegeli, der vor vielen Jahren wegen eines ähnlichen „Delikts“, einer Sachbeschädigung, belangt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war, die auch vollstreckt wurde.
Während die Staatsanwaltschaft die jetzige Angelegenheit – es betraf 25 Werke aus der Zeit 2012 und 2013 – als Sachbeschädigung (Schadenshöhe 9191.45 Franken) titulierte, konterte der Künstler mit dem Hinweis, dass es um schützenswertes Kulturgut und sein Urheberrecht ginge.
Auch verwies sein Verteidiger auf Widersprüche innerhalb der Stadt und des Kantons. Naegeli’s seinerzeit in den 70er-Jahren „illegal“ entstandenes Wandbild Undine wurde von der Baudirektion mit viel Aufwand restauriert, während dasselbe Amt ihn heute strafrechtlich verfolgen lässt. Ebenso wurde Harald Naegeli damals von der Abteilung Entsorgung + Recycling (ERZ) angezeigt, während allerdings seitens der Liegenschaftsabteilung kein Interesse an solchem Vorgehen gegen den Künstler geäussert wurde.
Die Anklagebehörde plädierte nun in dem hiesigen Verfahren auf eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen à 700 Franken und einer Busse von 10.000 Franken.
Doch der Richter setzte die Entscheidung aus. Einerseits seien die inkriminierten Werke verjährt, mithin habe die Baudirektion keine Ansprüche zu stellen. Andererseits könnte lediglich die Abteilung Entsorgung + Recycling (ERZ) als eventuelle Geschädigte infrage kommen. Verteidigung und ERZ mögen sich ins Benehmen setzen, inwieweit man von den Strafanträgen Abstand nehmen würde.
Mit einem Urteil sei erst nur dann zu rechnen, wenn sich die ERZ zu einem Verzicht nicht durchgerungen hätte, so der Einzelrichter. Fein.
Harald Naegeli, der Protagonist dieser Kunstrichtung, hinterliess auch in Deutschland Spuren seines Schaffens.
Seine einzig-artigen Wandbilder – sie lediglich als Graffit bis stree-art zu bezeichnen, lässt Ahnungslosigkeit bis Unwissenheit vermuten – anspruchsvoll, intellektuell und von einer grossartigen Mystik, die leider damals nicht die Aufmerksamkeit und Wertschätzung gegenüber den heutigen bekömmlichen, relativ populären, netten und gefälligen Spray-Werken etwa von Bransky erfuhren, waren ihrer Zeit voraus. Sie hätten heute eine Zukunft, was man den jetzigen Graffiti wegen ihrer bald eintretenden Belanglosigkeit nicht prophezeien mag. Umso so wichtiger und wertvoller sollten Stadt und Kanton mit gewissem Stolz Naegeli’s Exponate als Kulturgut ehren und schützen.
Kein Schuldspruch für Harald Naegeli ! Für die Freiheit der Kunst!